MASSGESCHNEIDERTE ZERSPANUNG VON SCHLÜSSELKOMPONENTEN
Miba setzt zur prozesssicheren Fertigung von Anlaufringen auf Bearbeitungszentren von Matec: Die Windkraft ist einer der Hoffnungsträger und Quelle für saubere, erneuerbare Energie. Damit der Betrieb eines Windparks noch wirtschaftlicher wird, steigen auch die technologischen Anforderungen der Windturbinen. Miba Gleitlager hat daher in den letzten Jahren intensiv im Bereich alternativer Energieerzeugung geforscht und produziert seit nun fünf Jahren hydrodynamische Gleitlager für Windkraftanlagen. Für jedes dieser Gleitlager sind bis zu 48 Anlaufringe notwendig – diese werden in Laakirchen auf drei maßgeschneiderten 5-Achs-Bearbeitungszentren Matec 30HV mit Pendelbearbeitung rund um die Uhr gefertigt.Von Ing. Robert Fraunberger, x-technik
Bis ins Jahr 2050 soll unsere Welt klimaneutral werden – so haben es die Vereinten Nationen zumindest vereinbart. Wesentliche Voraussetzung dafür ist die Energiewende und somit der komplette Umstieg auf erneuerbare Energien. Einen Teil davon können Windkraftanlagen abdecken.
Gleitlager für die Windenergie
Die Miba Gleitlager Austria GmbH mit Sitz in Laakirchen (OÖ) ist einer der weltweit führenden Hersteller von Gleitlagern für Motoren, Kompressoren oder Turbinen. Bei verschiedensten Anwendungen haben diese hydrodynamischen Gleitlager konventionelle Wälzlager aufgrund der Leistungssteigerung bereits verdrängt.
Die Anlaufringe aus einem Verbundmaterial Stahl/Aluminium werden
als Einzelstücke gefertigt. Deren Laufzeiten liegen bei rund fünf bis acht
Minuten pro Bauteil bei Genauigkeiten im Hundertstel-Bereich
Seit 2008 arbeitet man in Laakirchen auch an Lagerlösungen für die Hauptgetriebe von Windturbinen. „Dank unseres umfassenden Know-hows in Bezug auf Anwendungstechnik und Werkstoffe, können wir auch für Windkraftanlagen maßgeschneiderte und kosteneffiziente Gleitlagerlösungen anbieten, wo andere Lagertechnologien an ihre Grenzen stoßen“, erläutert Ing. Wolfgang Stadlmayr, Projektmanager bei der Miba Gleitlager Austria GmbH, den Entwicklungsschritt.
Für noch höhere Produktivität und Wirtschaftlichkeit – Stichwort: die Megawattstunde muss günstiger werden – wird die Technologie von Windkraftanlagen ständig weiterentwickelt. „Kommende Anlagen werden auf die doppelt so hohe Produktionsleistung ausgelegt sein. Der Bauraum darf jedoch nicht mehr vergrößert werden. Traditionell eingesetzte Wälzlager können diese Anforderungen kaum bis gar nicht bewältigen“, begründet Stadlmayr, warum immer mehr Getriebehersteller weltweit auf das Know-how der Oberösterreicher setzen. Im Detail betrachtet, überzeugen die Miba-Gleitlager mit einer kompakten Bauweise, erhöhten Leistungsdichte, einer höheren Belastbarkeit, einem geräuschreduzierten Betrieb sowie einfacher Montage, geringerem Wartungsaufwand und erhöhter Lebensdauer.
Hohe Fertigungstiefe sichert Qualität
„Unsere Produktionskapazitäten für diesen Bereich haben sich in den letzten fünf Jahren massiv erhöht – durch die zunehmende Energiekrise werden vor allem in China, aber auch in Europa bestehende Windparks ausgebaut und neue errichtet“, so Stadlmayr weiter, der vor allem für die Maschinenauswahl und Prozessweiterentwicklung im Bereich erneuerbarer Energien zuständig ist. Die Maschinen in Laakirchen sind rund um die Uhr ausgelastet und der Produktionsbereich Windkraft wächst die letzten Jahre sehr stark.
Neben den Lagerschalen und -buchsen sind Anlaufringe ein wesentlicher Bestandteil der Gleitlager von Miba. Die Anlaufringe sorgen dafür, dass der Zapfen der Welle im Gleitlager geführt wird. Pro Zapfen werden vier Anlaufringe, in Summe bis zu 48 pro Getriebe benötigt (deren Anzahl hängt von der Leistung ab). Die unterschiedlichen Anlaufringe werden bei Miba in einem Arbeitsschritt gefertigt. „Wir bewegen uns nicht in der Serienfertigung wie in der Automobilindustrie, sondern unsere Gleitlager kommen in größeren Anwendungsbereichen bei Durchmessern von 300 bis 500 mm zum Einsatz und erfordern wesentlich mehr Know-how im Herstellungsprozess.“
Bei Miba verfügt man für die Fertigung der Anlaufringe aktuell über drei Fahrständerbearbeitungszentren Matec 30HV. Zwei weitere Matec 30HV sind aufgrund der hohen Nachfrage in Bestellung und werden Ende 2022 bzw. Anfang 2023 geliefert.
Wir sind mit der Zusammenarbeit und den Maschinen von Matec sehr zufrieden. Mit bald fünf Matec30HV-Fahrständerbearbeitungszentren können wir die hohe Nachfrage nach Gleitlagern und somit Anlaufringen für die Windkraft bestens abdecken.
Ing. Wolfgang Stadlmayr, Project Manager bei der Miba Gleitlager Austria GmbH
Pendelmaschinen für komplexe Bearbeitungen
Die Zusammenarbeit zwischen Miba und Matec startete im Jahr 2007 mit der Auslegung der ersten Fahrständermaschine. Ziel war es damals, die Anlaufringe möglichst wirtschaftlich in wenigen Aufspannung fertigen zu können. „Matec-Bearbeitungszentren sind definitiv keine Maschinen von der Stange – im Gegenteil. Bei Matec geht man sehr flexibel auf unsere Wünsche bzw. speziellen Anforderungen ein“, begründet Stadlmayer die bereits sehr lange Zusammenarbeit und erklärt die Hintergründe. „Für die wirtschaftliche Fertigung unserer Anlaufringe benötigen wir drei unterschiedliche Spannsysteme (magnetisch, mechanisch, Vakuum). Matec war der einzige Hersteller, der hierfür eine automatische sowie vor allem kosteneffiziente Lösung angeboten hat.“
Mit Miba verbindet uns seit nun bereits 15 Jahren eine intensive Zusammenarbeit.
Wir sind sehr froh, dass wir einen Beitrag zur wirtschaftlichen Produktion von Anlaufringen leisten können.
Thomas Maier, stellv. Vertriebsleiter bei der Matec GmbH
„Durch die modulare Bauweise und eine Vielfalt an Möglichkeiten können unsere Bearbeitungszentren auf nahezu jede Bearbeitungsaufgabe zugeschnitten werden“, bringt sich Thomas Maier, stellv. Vertriebsleiter bei der Matec GmbH, ein. „Das erste Projekt mit Matec lief reibungslos und zu unserer vollsten Zufriedenheit, daher folgte 2012 der nächste Schritt mit einer weiteren Matec 30HV. Diese wurde, um die Produktivität weiter zu steigern, als Pendelmaschine ausgelegt“, führt Stadlmayr fort. Mittels einer Trennwand wird der Arbeitsraum der Maschine in zwei Bereiche aufgeteilt – in einem Arbeitsraum wird bearbeitet, während im zweiten hauptzeitparallel gerüstet wird. Miba konnte dadurch die Spindellaufzeiten deutlich erhöhen und rund 80 % Maschinenfähigkeit im Drei-Schicht-Betrieb erzielen. 2018 folgte dann noch eine weitere baugleiche Matec 30HV.
Hohe Genauigkeit für komplexe Bearbeitungen
Die Anlaufringe von Miba bestehen aus Aluminium oder einem Verbundmaterial aus Stahl/Aluminium – demzufolge ist auch der Fertigungsprozess unterschiedlich. Die Laufzeiten liegen bei rund fünf bis acht Minuten pro Bauteil bei Genauigkeiten im Hundertstel-Bereich – bei gewissen Facetten sind die Toleranzen sogar im μm-Bereich. Typische Losgrößen liegen bei 100 bis 200 Stück je Auftrag.
Das Maschinenkonzept der Matec 30HV basiert auf der Langbettmaschine Matec 30L. „Unser Hauptaugenmerk richtet sich immer auf die perfekte Abstimmung aller Maschinenkomponenten zueinander. Nur das optimale Zusammenspiel gewährleistet höchste Stabilität und die Übertragung der vollen Spindelleistung“, unterstreicht Maier. Verschiedene CNC-Rundtische in Verbindung mit einem B-Achs-Schwenkkopf erlauben die 5-Seitenbzw. 3D-Bearbeitung. Aufgrund der großen X-Achse (Anm.: Linearantrieb) und des um 105° nach beiden Seiten schwenkbaren Fräskopfes ist die Mehrseitenbearbeitung auch in Mehrfachspannung möglich.
Matec-Bearbeitungszentren bieten aufgrund des Konstruktionsprinzips sehr hohe Dauergenauigkeiten.
Zudem bietet die modulare Bauweise höchste Flexibilität.
Mario Stiebinger, Geschäftsführer bei Stiebinger Werkzeugmaschinen
Hohe Teilevarianz – hohe Flexibilität
„Seit 1997 verkaufe ich Bearbeitungszentren von Matec – und viele davon laufen noch immer reibungslos. Selbst mit diesen alten Maschinen ist es auch heute noch möglich, Geld zu verdienen. Das Konstruktionsprinzip der Matec-Maschinen mit dem Fahrständer und drei Führungen in der X-Achse gewährleistet Dauergenauigkeiten von ein bis zwei Hundertstel“, betont Mario Stiebinger, der Matec in Österreich vertritt. Als großen Vorteil sieht er dabei den konstanten Abstand von Spindelmitte zur Z-Achsen-Führung in jeder Stellung der YAchse. Dadurch komme es zu keinem Abkippen oder einer Zunahme von Vibrationen beim Ausfahren der YAchse. „Zudem bietet Matec durch die Möglichkeit der Anpassung der Arbeitsräume je nach Fertigungsaufgabe und Anwendungsfall eine sehr hohe Flexibilität“, so Stiebinger weiter.
Aufgrund der großen Teilevarianz – Miba fertigt in Laakirchen mehrere hundert unterschiedliche Anlaufringvarianten – hat man alle Matec 30HV mit einem vollautomatischen Beistellmagazin mit bis zu 220 Werkzeugen (für Werkzeuglängen bis 450 mm) ausgestattet. Zudem werden die Bauteile mit einem Renishaw-Messtaster für eine hohe Prozesssicherheit bereits während des Fertigungsprozesses vermessen.
Reibungslose Zusammenarbeit
In Summe zeigt man sich bei Miba mit den Matec-Maschinen sehr zufrieden. „Matec ist wie bereits erwähnt auf all unsere Sonderanforderungen eingegangen und hat die Maschinen entsprechend für uns adaptiert. Wir haben direkten Kontakt zu den wichtigsten Ansprechpersonen – egal ob in der Konstruktion, Anwendungstechnik oder im Vertrieb. Zudem können wir uns bei Wartungs- und Servicefällen zu 100 Prozent auf das Matec-Team verlassen“, so Wolfgang Stadlmayr und Thomas Maier ergänzt abschließend: „Miba holt das Optimum aus unseren Maschinen heraus. Diese Erfahrung fordert und fördert uns letztlich bei der Weiterentwicklung unserer Bearbeitungszentren.“
Dieser Bericht wurde in der Fachzeitschrift FERTIGUNGSTECHNIK 7/Novermber 2022 veröffentlicht.